Noch vor Weihnachten fragt mich Grethe, ob ich sie fotografisch beim Abrasieren ihrer Haare begleiten würde. Nachdem die Zeit vor Weihnachten erwartungsgemäß knapp bemessen war, haben wir uns für Anfang Januar verabredet. Grethe ist leicht aufgeregt. Ich merke es ihr nicht an, doch sie sagt es mir. Ich will diesen erstmal nicht wiederherstellbaren Moment natürlich so vollständig wie möglich festhalten. Vor allem will ich dabei meinem Anspruch gerecht werden.
Dieser Anspruch. Das ist ein Thema, das mich, besonders in meiner freien Fotografie, ständig begleitet. Seit Jahren. Oder sollte ich lieber sagen in meiner Nicht-Fotografie? Denn dieser sehr strenge Anspruch an mich hält mich teilweise einfach davon ab, einfach mal Fotos zu machen. Einfach rauszugehen, mir einen x-beliebigen Menschen zu schnappen und auf ein, zwei Rollen Film zu fotografieren. Wo soll das denn passieren? Was ist das Konzept? Wen frage ich? Wird das gut genug?
Diese Zweifel einfach mal Zweifel sein zu lassen und den akademisch antrainierten Anspruch an die eigene Kreativität und den Sinn hinter den eigenen Gestaltungsentscheidungen einfach mal kurz abzuschalten, ist gar nicht so einfach. Umso mehr freut es mich, wenn mich dann Menschen wie Grethe fragen, ob ich sie fotografiern möchte.
Wir fotografieren einige Rollen Film. Die letzten zwei in schwarzweiß. Es sind genau diese beiden Rollen – eine 120, eine 35 mm, die mich bei der Durchsicht der Scans überzeugen.